Die Repetition ist eine der wichtigsten Techniken des Reduzierens und findet in Kunst und Musik gleichermaßen Verwendung. Sie geht vorwiegend vom Material aus, was eine nähere Betrachtung im folgenden Abschnitt sinnvoll erscheinen lässt.

Material
Der Philosoph und Musiktheoretiker Theodor W. Adorno beschreibt das Material als etwas, das „selber sedimentierter Geist, ein gesellschaftlich, durch Bewußtsein von Menschen hindurch Präformiertes“[1] ist. Auch wenn er sich mit diesen Worten auf das musikalische Material bezieht, gilt dies ebenso für den Materialbegriff der bildenden Kunst. Ausgehend von dieser Theorie steht dem Künstler nur eine eingeschränkte Materialauswahl zur Verfügung, da die Beschäftigung mit dem Material unweigerlich auf eine Auseinandersetzung mit der Gesellschaft hinausläuft. Versucht ein Künstler, sich bewusst von diesem repressiven Paradigma zu lösen, mag das nur teilweise gelingen, da dessen ungeachtet sogleich historische Vergleichsmuster in Erinnerung gerufen werden.
Schönbergs frühe atonale Musik findet unter anderem deshalb kaum Zuspruch, weil die verwendeten Dissonanzen in ihrer Radikalität zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt sind, also losgelöst vom historischen Kontext erscheinen. Adorno fügt dem hinzu, dass die Disharmonie den eigenen Zustand des damaligen Publikums unverblümt widerspiegelt, weshalb die Musik als unerträglich zurückgewiesen wird. Demnach stehen einem Komponisten keinesfalls alle jemals verwendeten Tonkombinationen zur Verfügung, ebenso muss ein Maler oder Bildhauer die historisch bedingten Einschränkungen in seiner Farb-, Form- und Materialauswahl hinnehmen. Beispielhaft führt Adorno die „Schäbigkeit und Vernutztheit des verminderten Septimakkords oder gewisser chromatischer Durchgangsnoten in der Salonmusik des 19. Jahrhunderts“ als musikalische Tabus auf. „Nicht bloß, dass jene Klänge veraltet und unzeitgemäß wären. Sie sind falsch. Sie erfüllen ihre Funktion nicht mehr.“[2] Über Wahrheit oder Falschheit eines Materials entscheidet nicht dessen isoliertes Auftreten, sondern die Einordnung in den aktuellen Stand der Ästhetik.
Um diesem historischen Dilemma zu entgehen, sucht die Minimal Art nach Materialien, die den Kunstvorstellungen der 60er Jahre und davor bewusst entgegengesetzt sind. Industriell gefertigte Materialien und Alltagsgegenstände wie Dan Flavins Leuchstoffröhren setzen sich über die traditionellen Kunstmaterialien hinweg und führen zu einem für die Minimal Art typischen Kunstverständnis, das Flavin folgendermaßen definiert: „Wie bewegen uns herab zur Kunstlosigkeit – zu einem gemeinsamen Empfinden einer psychologisch indifferenten Dekoration – zu einem neutralen Genuß am Sehen, den jeder kennt.“[3]
Die Minimal Music wiederum verdrängt die Atonalität weitgehend aus ihrem Repertoire und ergründet neue Wege, indem sie die Repetition nicht nur auf die Gesamtkomposition bezieht, sondern auch auf das Material selbst anwendet. Bemerkenswert ist zweifellos, dass minimalistische Tendenzen in Kunst und Musik ungefähr zur selben Zeit in den USA entstehen können, ohne sich dabei an historischem Material festzuklammern. Wie der deutsche Komponist Dieter Schnebel (1930 in Lahr/Baden geboren) formuliert, ist es wohl kein Zufall, dass dieser gestalterische Geist gerade aus Amerika kommt: „Dereinst – und wesentlich – Neue Welt und Wilder Westen in einem, förderte es das nach vorne gerichtete Bauen, das nicht erst Vorgefundenes einzureißen brauchte, und rief unbekümmerten Pioniergeist mit Hang zum Experiment hervor.“[4]

Repetitive Ansätze
In der Musik gibt es nur wenige Stücke, die lediglich aus immer wiederkehrenden Wiederholungen bestehen. Vielmehr drücken sich die Komponisten in der graduellen Veränderung von bestimmten Einzeltönen oder auch ganzen Formteilen aus. Die Minimal Art andererseits bringt zahlreiche Arbeiten hervor, die eine Wiederholung auch ohne sich ändernder Komponenten umsetzen.
Anfangs war das repetitive Moment noch das auffallendste Kennzeichen der minimalistischen Musik, wenig später weitet sich der Musikstil ebenso auf andere Techniken aus, wie der Komponist des ersten seriellen Musikstücks Nummer 2 (1951) namens Karel Goeyvaerts (1923 in Antwerpen geboren, 1993 ebendort gestorben) feststellt.[5]
Viele der Minimal Music Komponisten arbeiten zu Beginn ihrer minimalistisch orientierten Schaffensphase mit stark repetitiven Mustern wie beispielsweise Philip Glass, der sich in seinem Stück für elektrisch verstärkte Violine Strung Out (1967) hauptsächlich auf Repetition und statische Harmonik konzentriert. Während Glass aber eher zur variativen Wiederholung tendiert, erscheinen die musikalischen Muster bei Steve Reichs Tonbandkompositionen oder seinem Werk Piano Phase (1967) kontinuierlich in einem unveränderten Zustand.
Der Engländer Michael Nyman, der zusammen mit dem Begründer des Scratch Orchestra Cornelius Cardew (1936 in Gloucester geboren, 1981 in London gestorben) den wichtigsten europäischen Vertreter des Minimalismus darstellt, bedient sich in seinen Stücken vorwiegend „geschichtlicher Modelle und setzt sie unendlichen Wiederholungsprozeduren geringer Veränderungsgrade aus.“[6] Berühmtheit außerhalb des eher kleinen Kennerkreises der minimalistischen Musik erlangt Nyman durch seine Filmmusik für den Regisseur Peter Greenaway und vor allem Jane Campions The Piano (1993).Die beiden Komponisten Nyman und Glass verbindet die tendenzielle Fusion der populären mit der ernsten Musik, worauf das repetitive Moment großen Einfluss hat. Wird in der klassischen E-Musik eine direkte Aneinanderreihung von gleichen Tönen noch als unkreative Monotonie verschmäht, hat sich diese Technik in der Pop Musik längst als legitimes Kompositionsverfahren etabliert.
In der Minimal Art hingegen ergibt sich durch die Repetition keine Annäherung an die Kunstlosigkeit im Sinne der populäreren Musik, vielmehr erzeugt sie einen visuellen Rhythmus oder spezifische Bewegungsmuster. Besonders deutlich sichtbar wird das bei Donald Judds Stacks (1966, 1968, 1970), die aus modularen Boxen mit identischen Abständen zwischen den einzelnen Elementen aufgebaut sind. Um eine möglichst exakte Wiederholung aller Boxen zu erreichen, greift Judd wie so oft auf eine industrielle Fertigung der Objekte zurück. Dabei entstehen nicht nur präzise Kopien, die nicht mehr voneinander unterscheidbar sind, sondern das Kunstwerk kann schließlich als das gesehen werden, was es tatsächlich ist und lenkt durch keinen sichtbar individuellen Entstehungsprozess mehr ab.
Diese Ansicht teilt er mit Frank Stellas Ansatz „Man sieht das, was man sieht“[7], der sich vordergründig auf den Zusammenhang mit einer Reduktion des konzeptionellen Hintergrundes bezieht. Soll das Prinzip der Repetition beibehalten und das minimalistische Konzept durch eine komplexere Variante ersetzt werden, bedienen sich die Künstler und Musiker zumeist mathematisch-logischer Verfahrensweisen, die im nächsten Kapitel detaillierter beschrieben werden.

Wiederholung und Zufall
Durch die Repetition ergeben sich Muster, die entweder nach einem exakt definierten Plan oder aber auch durch Zufall entstehen können. Ersteres orientiert sich meist an mathematisch-logischen Verfahren und entwickelt sich somit in einer dem Künstler bewussten Umgebung, während das Endergebnis eines Zufallsverfahrens nicht direkt voraussehbar ist.
Ein prominentes Beispiel stellt Morton Feldman (1926 in New York geboren, 1987 in Buffalo, NY gestorben) dar, der in seinem Stück Piece for Four Pianos (1957) vier Pianisten anweist, denselben Klaviersatz in einem jeweils persönlich gewählten Tempo zu spielen. Die Individualisierung der einzelnen Tempi führt erwartungsgemäß zu einer heikel aufzuführenden Komposition sowie zu einem völlig unberechenbaren Resultat. Damit stellt Feldman eines der Fundamente musikalischer Theorie in Frage, nämlich die exakte Notation eines Stückes. Vergleichbares passiert in der Minimal Art, wenn die Grundfeste des traditionellen Künstlerbetriebes, die Galerie als Ausstellungsort, kritisch hinterfragt wird.
Eine weitere Parallele zwischen Feldman und der minimalistischen Kunst ergibt sich in der deutlichen Zurücknahme des Künstlers aus dem eigenen Werk. Was sich in der Minimal Art an der Verwendung von industriell gefertigten Materialien zeigt, bedeutet im musikalischen Bereich Feldmans Anweisung an die vier Pianisten, unbeirrbar ihr eigenes Tempo zu verfolgen. Somit überlässt er die endgültige Formgebung der Komposition den Akteuren und misst ihnen damit hohe Bedeutung zu.
Auch Steve Reich wiederholt häufig längere Toneinheiten, die von verschiedenen Instrumenten unterschiedlich lang gespielt werden. Dabei ergibt sich eine auf die Zeitkomponente erweiterte Phasenverschiebung, was unter anderem bei seinem Musikstück Four Organs (1967) zu beobachten ist. Der deutsche Minimalist Erhard Grosskopf (1934 in Berlin geboren) spricht die interessante Entwicklung der dabei zufällig entstehenden Tonalität an: „Es können sogar reine Dreiklänge vorkommen, doch sie haben keine Funktion, sie kommen sozusagen im Verlauf des Stückes zu Besuch.“[8]

Kritik an der Monotonie
Die Wiederholung gilt als eines der zentralen Charakteristika des Minimalismus, gleichzeitig wird sie aber als Monotonie oder Folgeerscheinung von Einfallslosigkeit diffamiert. Häufig wird den Minimalisten vorgehalten, dass sie durch ihre Wiederholungsmuster lediglich die „Monotonie des dauernd sich selbst umkreisenden Gleichen“[9] verschleiern möchten.
Spätestens gegen Ende der 70er Jahren wird der Begriff minimalistisch bereits häufiger als Schimpfwort denn als Kunstbegriff verwendet. Doch auch im darauf folgenden Jahrzehnt wird der Minimalismus und insbesondere die Minimal Art, die in starkem Kontrast zur malerischen Kunst der 80er Jahre steht, vorwiegend als reduzierend und regelgebunden wahrgenommen. Rückblickend wird jedoch gerade diesem Expressionismus ein großer Anteil an den kulturellen Rückschritten der Reagan-Ära zugeschrieben, während im Minimalismus der 60er Jahre der Kunst trotz aller Restriktivität ein weites Feld eröffnet wird.[10]
Durch die Beschränkung des Materials und seinen Abwandlungsmöglichkeiten wird die kritisierte Wiederholung zwangsläufig zum minimalistischen Prinzip, auch wenn einige Künstler die Repetition durchaus als eigenständige Linie betrachten. So meint der Komponist Louis Andriessen (1939 geboren in Utrecht), dass für ihn „das repetitive Moment immer wichtiger als der sogenannte Minimalismus“[11] war.
In den 70er Jahren wendet sich die repetitive Schule gegen die serialistische Kompositionslehre sowie die von Robert Morris initiierte Prozesskunst, die sich hauptsächlich auf die Entwicklung des Kunstwerkes oder des Musikstückes selbst konzentriert. Die von der Theorie Schönbergs ausgehende Serialität rationalisiert „die Empfindlichkeit gegen die zu frühe Wiederkehr des gleichen Tons, es sein denn, er werde unmittelbar repetiert“[12], womit die Abneigung gegen die direkte Wiederholung bereits im Vorfeld deutlich wird.
Unter den bildenden Künstlern muss sich allen voran Carl Andre den Vorwurf der monotonen Arbeit gefallen lassen. Die sich endlos wiederholenden Formate wie beispielsweise seine Ziegelsteinarrangements Equivalent VIII (1966) besitzen eine bemerkenswerte Aufdringlichkeit, die immer „beharrlich, reglos, ausdruckslos, herausfordernd“[13] wirkt. Andre entgegnet der Kritik damit, dass er sein gesamtes Werk als eine Repräsentation eben dieser Charakteristika sieht, was er somit von der Monotonie zu einer in sich geschlossenen, größeren Einheit führt.